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Nackenfell des Hundes und hielt das Tier mit eisernem Griff
fest.
»Das verstehe ich nicht«, sagte er verblüfft. »Das hat Hor-
tus noch nie getan.«
Tobias zuckte mit den Achseln, zwang sich zu einem mat-
ten Lächeln und ging in respektvollem Bogen um den Hund
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herum. Das Tier folgte ihm aufmerksam mit Blicken, und
ein dunkles, drohendes Knurren klang aus seiner Brust.
Temsers Blick wanderte irritiert zwischen Tobias und dem
Hund hin und her, dann murmelte er irgend etwas, zuckte
abermals mit den Schultern und führte den Hund fort, um
ihn an die Kette zu legen.
»Das ist wirklich sonderbar«, sagte er verstört, als er wie-
der zu Tobias zurückkam.
»Ich habe niemals erlebt, daß er sich so gebärdet, wenn er
nicht angegriffen wird.«
Tobias zuckte mit den Achseln. »Vielleicht«, sagte er
lächelnd, »mag er keine Männer in Kutten.«
Temsers Lächeln wirkte gequält. Und für einen kleinen
Moment kam ein neues Gefühl zwischen ihnen auf: ein
gegenseitiges Mißtrauen, das Tobias bisher in der Nähe die-
ses Mannes noch nicht verspürt hatte. Aber der Augenblick
verging so schnell, wie er gekommen war, und sie gingen
weiter und betraten das Haus.
Wie sich herausstellte, hatte Temsers Frau tatsächlich alle
Vorbereitungen für ein wahres Festmahl getroffen. In der
Stube war die große Tafel festlich gedeckt: Silbernes
Geschirr und Kerzenleuchter aus dem gleichen, edlen Mate-
rial standen auf einer Decke aus blütenweißem Damast. In
großen, polierten hölzernen Schalen lagen Obst und
Gebäck, und aus der Tür zur Küche drangen verlockende
Düfte und die aufgeregten Stimmen der Bäuerin und ihrer
Mägde.
Tobias' Blick glitt verblüfft und bewundernd zugleich
über die festlich geschmückte Tafel. Der Anblick ließ ihn
zumindest ahnen, warum Temser den Verlust des wertvollen
Pferdes so gelassen hingenommen hatte. Das, was er hier
sah, hätte auch einem der großen Kaufmannshäuser in
Lübeck oder Hamburg zur Ehre gereicht. Er hatte gewußt,
daß Temser kein armer Mann war, aber wie wohlhabend er
war, bewies dieses Festmahl.
»Habt Ihr das alles . . . nur meinetwegen aufgetragen?«
fragte er unsicher.
Der Bauer nickte. Ein verzeihungsheischendes Lächeln
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huschte über seine Züge. »Ich sagte Euch ja, Pater Tobias,
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daß meine Frau sich sehr freuen wird, Euch bewirten zu dür-
fen. Ihr nehmt ihr diesen Aufwand doch nicht übel?«
»Aber warum sollte ich?« fragte Tobias verblüfft. »Ein
wahrer Christmensch sollte aber nicht nur sein eigenes Wohl
sehen, sondern auch das der Menschen um ihm.«
Temser überging den letzten Satz geflissentlich, bat ihn
mit einer Geste, sich einen kleinen Moment zu gedulden,
und verschwand in der Küche. Tobias hörte ihn eine Zeitlang
mit seiner Frau reden, dann kam er zurück, bat ihn mit einer
neuerlichen Geste um Verzeihung und deutete einladend auf
die Bank hinter der Tafel. »Nehmt doch Platz, Tobias«, sagte
er. »Es wird noch eine Weile dauern. Oder möchtet Ihr Euch
erfrischen nach dem Ritt?«
Tobias sah ihn fragend an.
»Wir können ein paar Schritte gehen«, erklärte Temser.
»Es gibt eine kleine Quelle gleich hinter dem Haus. Und
wenn Ihr wollt, dann zeige ich Euch den Hof.«
Tobias nahm das Angebot mit einem dankbaren Nicken
an, und sie verließen das Haus wieder und überquerten den
Hof. Die Quelle, von der Temser gesprochen hatte, war ein
dünnes Rinnsal, das zwischen einem kleinen Haufen moos-
bewachsener, flacher Steine hervorsprudelte und nur
wenige Schritte weiter bereits wieder im Boden versickerte.
Aber das Wasser war eiskalt, und nachdem Tobias sich
gründlich Gesicht und Hände gewaschen hatte, trank er ein
paar Schlucke davon und stellte fest, daß es köstlich
schmeckte.
Obwohl er nicht aufsah, spürte der Mönch, wie der Bauer
ihn beobachtete, während er seinen Durst löschte, als
erwarte er, daß Tobias wegen dieses Wassers eine Bemer-
kung machte; eines Wassers, das in einer Stadt wie Buchen-
feld einen wahren Schatz darstellen mußte. Aber Tobias
nickte nur dankbar, erhob sich wieder und erklärte Temser,
daß er nun neugierig sei, sein Anwesen kennenzulernen.
Der Bauer machte nicht einmal den Versuch, seine Enttäu-
schung zu verhehlen, aber er sagte nichts, sondern nickte
bloß und machte eine einladende Geste, ihm zu folgen.
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Der Hof war tatsächlich sehr groß. Er war sogar noch viel
größer, als Tobias bisher angenommen hatte, denn jenseits
des sauberen Rechteckes aus festgestampftem Lehm, das an
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drei Seiten von Gebäuden und an der vierten von der halb-
fertiggestellten Scheune eingegrenzt wurde, erstreckten sich
noch eine Anzahl niedriger, langgestreckter Stallungen, die
Tobias bisher noch nicht aufgefallen waren und die, dem
Geruch nach zu urteilen, Schweine beherbergten. Tobias war
ein wenig erstaunt. Zu einem Mann wie Temser hätten eher
Kühe gepaßt, fand er.
»Schweine sind leichter zu halten«, sagte Temser zur Erklä-
rung. »Sie fressen alles, was man ihnen gibt, aber nichts,
was schlecht für sie ist. Kühe sind dumm. Ständig muß man
darauf achten, daß sie kein giftiges Kraut fressen oder ver-
dorbenes Wasser saufen.«
»Das Wasser aus Eurer Quelle war nicht verdorben«,
bemerkte Tobias. Er hatte plötzlich das Gefühl, einem
Geheimnis auf der Spur zu sein. So dicht, daß er nur noch
die Hand auszustrecken brauchte, um seine Lösung aufzuhe-
ben. Aber gerade als er es tun wollte, entglitt ihm der
Gedanke wieder.
»Das ist richtig«, entgegnete Temser, »aber es ist nur diese
eine Quelle. Sie ist eine kleine Kostbarkeit. Wir benutzen ihr
Wasser nur zum Kochen und Trinken.«
Das Wasser, dachte Tobias. Das vergiftete Wasser im Fluß,
der stinkende Pfuhl im Wald, der Brunnen, der die Leute, die
daraus tranken, umbrachte. Ein anderer Brunnen im Schloß
des Grafen, der sorgsam verschlossen worden war . . . Alles
hing irgendwie mit dem Wasser zusammen.
»Was ist mit dem See im Wald passiert?« fragte er, ohne
den Bauern anzusehen, aber aus den Augenwinkeln beob-
achtete er sehr genau seine Reaktion.
Es dauerte lange, sehr lange, bis Temser etwas entgegnete;
doch statt zu antworten, lachte er bitter. »Ich dachte schon,
Ihr würdet mich nie danach fragen.«
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